Potenzial durch Digitalisierung von Abläufen in Bau- und Immobilienwirtschaft

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Kaum eine andere Branche hat einen so niedrigen Digitalisierungsgrad wie die Bau- und Immobilienwirtschaft. Spricht man mit Entscheidungsträgern der Branche so erhält man unterschiedliche Erklärungen für diesen Umstand. Beispielsweise, dass Bau- und Immobilienentwicklung immer Prototypen generiert und die Digitalisierung bei repetitiven Abläufen die größten Einsparungspotenziale bringt. Oder, dass Bau- und Immobilienentwicklung permanent Einzelfallentscheidungen erfordern, die man keinem System überlassen kann. Ich erinnere mich, dass sich ein hochrangiger Manager eines Baukonzerns mal darüber lustig machte, ob denn künftig auch für Systeme D&O Versicherungen abgeschlossen werden.

Ich behaupte, dass Digitalisierung in Bau- und Immobilienwirtschaft möglich ist. Ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass irgendwann eine innovative Baufirma durch Digitalisierung die ganze Branche zumindest regional auf den Kopf stellt und ihre Wettbewerber aus dem Markt drängt. Doch alles der Reihe nach.

Beginnen wir mit den Zielen der Digitalisierung. Im Wesentlichen können folgende Ziele / Arten von Optimierungen unterschieden werden.

  • Effizienzsteigerung durch Erleichterungen für den User

Unter diesen Punkt fällt z.B. die elektronische Freigabe von Bestellungen, Rechnung, Urlaubsanträgen und ähnlichen Dokumenten. Wenn der verantwortliche Manager derartige Freigaben beispielsweise während eines Staus im Auto oder im Wartebereich eines Flughafens auf Handy oder Tablett tätigt statt zur besten Arbeitszeit im Büro auf Papier so steigert dies die Effizienz und macht die Durchlaufzeit kürzer.

  • Effizienzsteigerung durch Wegfall von ganzen Prozessschritten

Hierzu zählt z.B. die sogenannte Dunkelverbuchung von Rechnungen sofern Angebots- und Rechnungspreis bzw. Angebotsmenge und Liefermenge übereinstimmen und das Angebot freigegeben wurde. Es macht wenig Sinn den gleichen Sachverhalt zweimal freizugeben und doch wird genau dies häufig gemacht.

  • Automatisierung von bisher manuell durchgeführten Abläufen

Viele repetitive Tätigkeiten werden in Unternehmen in regelmäßigen Abständen manuell durchgeführt, obwohl sie mit dem heutigen Stand der Technik durchaus automatisierbar wären. Hierzu zählt beispielsweise der Versand regelmäßiger Information an einen bestimmten Empfängerkreis, ob es sich nun um das interne Reporting an das Management oder um Buchungsmitteilungen an das Finanzamt handelt.

Wie sollten Unternehmen das Thema Digitalisierung aber nun angehen?

Hier empfiehlt es sich bei den Prozessen anzusetzen, denn wer einen untauglichen Prozess digitalisiert hat danach einen untauglichen digitalen Prozess. Und der hilft niemandem.

Ich empfehle daher folgende Schritte:

  • Listung zeitintensiver Prozesse

Durch diesen Schritt erhält man einen Überblick auf welche Prozesse sich ein genauerer Blick lohnt, wodurch die Basis gelegt wird.

  • Prüfung auf Erleichterungsmöglichkeit

Oftmals sind Prozesse historisch gewachsen und unabhängig von den Möglichkeiten der Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß oder schlicht ineffizient. Unabhängig von der technischen Umsetzung sollten die Prozessziele hinterfragt werden.

  • Prüfung auf objektive Notwendigkeit des (manuellen) Prozessschrittes

Hier ist ein sehr kritisches Hinterfragen notwendig.  Wie bereits angedeutet misstrauen viele Führungskräfte dem System. Es ist selbstverständlich wichtig Bedenken ernst zu nehmen und zu klären ob Widerstände berechtigt sind. Gleichermaßen ist es aber auch wichtig sicherzustellen, dass Gewohnheiten und allgemeines Systemmisstrauen nicht den Fortschritt behindern und ineffiziente Prozesse am Leben erhalten. Die Rechenschritte eines gut getesteten und implementierten Programms mit dem Taschenrechner nachzurechnen macht selten Sinn.

  • Prüfung auf Automatisierbarkeit

Dieser Schritt mag für den Laien etwas schwierig klingen, da man in aller Regel nicht weiß was Programme alles können. Grundsätzlich gilt; automatisierbar ist fast alles was nach klar definierbaren Regeln tickt. Geprüft werden sollte daher auf:

    • Wiederholungsfunktion
    • logische Ableitbarkeit
    • Triggerfähigkeit nach festen Regeln

Hinsichtlich der Priorisierung der Umsetzung sind folgende Schritte empfehlenswert:

  • Bezifferung des Potenzials bei Automatisierung eines Prozesses
  • Durchsprache mit Ihrem Softwareanbieter was nötig ist um diese Prozesse zu digitalisieren / Einholung Preisschätzung
  • Erstellung einer Prioritätenliste gereiht nach dem ROI des Investments, wobei sich zum Start ein nicht allzu komplexer Prozess empfiehlt. Schließlich sollten auch die Versprechen der Softwareanbieter in einem kleinen Umfeld gechallengend werden.

Zum Abschluss noch einige Beispiele für Prozesse welche digitalisiert werden sollten:

  • Bestell- und Rechnungsfreigaben (Anmerkung: Viele Führungskräfte sind der Meinung, dass elektronische Freigaben leichter erteilt werden als auf Papier und dass die Einführung elektronischer Freigaben daher zu Überzahlungen führen kann. Einige Anbieter offerieren, dass die eigene Unterschrift einmal gescannt und danach bei Freigabe immer wieder angezeigt wird. Der Effekt ist natürlich rein psychologisch, da das Programm nicht auf die angezeigte Unterschrift abstellt. Tipp: Verraten Sie es kritischen Führungskräften einfach nicht)
  • Urlaubsanträge (hier lässt sich der gesamte Prozess Antrag – Genehmigung – Outlookkalender – Abwesenheitsassistenz digitalisieren)
  • Dauerbuchungen (Mietverträge, Leasingraten, etc.)
  • Dunkelverbuchung
  • Behördenkommunikation (z.B. Einreichung von Jahresabschlüssen beim FB, Buchungsmitteilungen)
  • Systemmeldungen der IT (ab jetzt geschlossen/ab jetzt geöffnet)
  • Interner Versand des Reportings

Das Einsatzgebiet der Digitalisierung geht natürlich weit darüber hinaus, doch kann obige Auflistung möglicherweise als Ideenlieferant dienen. Das Potenzial ist riesig, insbesondere in den Bereichen Buchhaltung/Steuer, in der systemerhaltenden IT aber durchaus auch bei Managern, die Freigaben tätigen müssen. Die Barrieren sind primär in unseren Köpfen.