Ausmietungen als Ausweg aus unbefristeten Mietverträgen

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Hinsichtlich der Befristung von Mietverträgen ist in den vergangenen Jahrzehnten ein klarer Trend zu erkennen. Vor etwa 30 Jahren waren unbefristete Mietverträge die Regel, wogegen diese heute die Ausnahme darstellen. Je nach Quelle handelt es sich aktuell (noch) bei rund 50% aller im frei finanzierten Segment abgeschlossenen Mietverträge um unbefristete Mietverträge, wobei ein klarer Abfall nach Alter des Mieters bzw. des Mietvertrages zu erkennen ist.

Trotz eines im MRG festgeschriebenen Befristungsabschlages iHv. 25% sind die auf Basis unbefristeter Mietverträge vom Mieter zu entrichtenden Mietzinse oftmals deutlich niedriger als jene auf Basis unbefristeter Mietverträge.

Dies resultiert aus der Tatsache, dass die am Markt erzielbaren Mietpreissteigerungen viele Jahren (deutlich) über der Steigerung des Verbraucherpreisindex lagen, der typischerweise als Basis für die Inflationsanpassung fungiert.

Hintergrund dieses Phänomens sind historische gesetzliche Eingriffe in die Preisgestaltung wie die bis 1994 im Altbau zwingend geltenden Kategoriemietzinse ebenso wie ein sich änderndes Konsumgüterbündel, indem Wohnen einen zunehmend höheren Anteil einnimmt.

Eine korrekte politische Einordnung ist schwierig. Rein faktenbasiert lassen sich zwei Aussagen treffen:

Erstens; die Mietpreise / m² stiegen meist stärker als die Nettoeinkommen der Angestellten.

Grafik: jährliche Steigerung der Wohnkosten / m² (rot) vs. Steigerung Nettoeinkommen (grün)

Zweitens; die Wiener Mietpreise sind im internationalen Vergleich auch relativ zum Nettoeinkommen immer noch sehr günstig. So liegen die Mieten / m² in den deutschen Top 10 Städten allesamt um mindestens 30% über dem Wiener Niveau. Von den Mietniveaus in London und Paris ganz zu Schweigen.

In den ersten 50 Jahren nach Ende des 2. Weltkriegs konnten viele österreichische Privathaushalte (auch) begünstigt durch niedrige Mieten ein gewisses Vermögen aufbauen. In der jüngeren Vergangenheit wächst die Ungleichheit wieder wie zahlreiche Studien zeigen.

Aus Investorensicht sind unbefristete Mietverträge mit Mieten unter dem Marktzins natürlich ein Problem, welches durch die erfreulicherweise steigende Lebenserwartung noch verstärkt wird. Immer wieder hört man von Extremfällen in denen betagte Mieter allein in 150 m² Wohnungen leben und nur 1 Zimmer heizen, weil sie sich zwar die Miete aber nicht die Heizkosten leisten können.

Verstärkt bzw. perpetuiert wird das Problem aus Vermietersicht durch Eintrittsrechte. Vereinfacht gesagt haben dieses im selben Haushalt lebende Ehepartner und Nachkommen in direkter Linie. Eine Mietzinserhöhung ist bei Ehepartner gar nicht und bei Kindern erst nach Erreichung der Volljährigkeit möglich.

Wie schlimm die Situation für den Vermieter ist, hängt von den konkreten Umständen ab. In Bezug auf die aus Vermietersicht besonders tragischen besonders Kategoriemietzinsverträge wird das Problem tendenziell immer kleiner, da die Kinder einer Person, die 1994 selbst einen Mietvertrag unterschrieb spätestens in den kommenden 10-15 Jahren die Volljährigkeit erreichen.

Noch lange beschäftigen kann den Vermieter das Thema bei deutlich jüngeren Ehepartnern. So soll es schon Fälle gegeben haben in denen 80 Jährige einen um 50 Jahre jüngeren Partner geheiratet haben. Da es bei Hochzeiten mit anschließender gemeinsamer Haushaltsführung auch keine Mindestdauer gibt ist ein derartiger Fall für den Vermieter besonders ungünstig und auch schlecht kalkulierbar.

Oftmals verhindern einige wenige unbefristete Mietverträge sogar ganze Haussanierungen, sofern diese nur auf einmal wirtschaftlich sinnvoll umgesetzt werden können.

Der Lösungsansatz für das Problem lautet „Ausmietung“, welche je nach Zielsetzung dauerhaft oder (wie im Falle des Umbaus) nur temporär erfolgen muss.

Ausmietungen haben oftmals einen negativen Beigeschmack. Pragmatisch betrachtet sind Ausmietungen nichts anderes als Verhandlungen, die entsprechend professionell vorbereitet und geführt sein sollten.

Erster Schritt im Zuge der Vorbereitung ist die Ermittlung der Alternativen beider Seiten zu einem Deal. Aus Vermietersicht ist die Alternative, dass die Wohnung weiterhin durch den Mieter bewohnt wird und es zu keiner Erhöhung der Mieteinnahmen bzw. zu keiner Wertsteigerung der Immobilie kommt. Die Quantifizierung erfolgt durch Beantwortung zweier Fragen:

Erstens; wie lange werden der Mieter (bzw. die Eintrittsberechtigten) die Wohnung noch bewohnen.

Zweitens; wie hoch ist die erzielbare Wertsteigerung. Hierfür sind die im Falle einer Ausmietung und Neuvermietung anfallenden Investitionskosten (Sanierung der Wohnung, Umbau), dem am Markt erzielbaren nachhaltigen Nettomieten unter Berücksichtigung von Leerstand, Vermietungskosten, Mieterincentives u.ä. sowie den Marktyield der Wohnung gegenüberzustellen.

Hieraus ergibt sich quasi das Budget für die Ausmietung.  Während sich Immobilienentwickler und -investoren mit der zweiten Frage zumeist leicht tun, stellt die erste Frage diese regelmäßig vor Probleme. Zum einen kennt man als Vermieter den Gesundheitszustand der oftmals betagten Mieter nicht, zum anderen ist auch die Frage wer im konkreten (Todes-)Fall eintrittsberechtigt oftmals nicht ganz so einfach. Hier ist Kreativität und oftmals der Einsatz eines Privatdetektives gefragt.

Sobald man die Alternativen geklärt hat, sollte man versuchen die Ziele des Mieters, die nicht zwingend finanzieller Natur sein müssen herausfinden. Auch hierfür sind Recherche und Kreativität gefragt. Mögliche Quellen sind Social Media und Gespräche mit Bekannten oder Verwandten, die sich zwanglos und ohne Bekanntgabe des Hintergrundes führen lassen. Am Ende dieses Kreativprozesses steht eine mögliche Zielliste. Im zweiten Schritt werden für dieses Ziele mögliche Lösungen erarbeitet und bepreist.

Im nächsten Schritt werden die eigenen Ziele heruntergebrochen und nach Wichtigkeit gereiht. Hierbei sollte möglichst präzise vorgegangen werden. So lautet das Ziel zumeist nicht zwingend den Mieter loszuwerden, sondern nur den Mieter aus konkret dieser Immobilie oder auch nur für einen bestimmten Zeitraum auszumieten. Wenn es z.B. gelingt den Mieter zum gleichen Mietpreis in einer Immobilie mit einem höheren exit yield umzusiedeln, so steigert dies den Wert. Auch auf die sonstigen geltenden Rahmenbedingungen ist Rücksicht zu nehmen. Wenn es z.B. gelingt einen Mieter, welcher EUR 4 / m² WNF zahlt aus einer Wohnung mit einem legal erzielbaren Mietzins von EUR 10 / m² WNF in eine schöne Altbauwohnung mit einem legal erzielbaren Mietzins von EUR 7 / m² WNF umzusiedeln und die Wohnung marktgerecht zu vermieten so ist viel gewonnen.

Parallel zu den obigen Schritten ist eine im Hintergrund stattfindende Sammlung von juristisch relevanten Fakten empfehlenswert.

Typische Beispiele sind angemeldete, aber nicht wirklich im Haushalt lebende erwachsene Kinder, aber auch überintensiv genutzte Zweitwohnsitze.

Auch die aktuellen (Ehe-)partner verdienen Betrachtung. So soll es schon Fälle plötzlicher Hochzeiten mit 50 Jahre jüngeren Partnern gegeben haben. Eher kontraintuitiv stellt sich heraus, dass der Jüngere Partner den Älteren bezahlt, um nach dessen Tod die Wohnung übernehmen zu können.

Sollte der Fall vor Gericht kommen nützt eine Fotodoku des Jüngeren Ehepartners mit seinem Liebhaber, der dann später in die Wohnung miteinzieht, ungemein….

Mit diesen Vorüberlegungen geht man in die Gespräche. Hierbei ist es wichtig dem Mieter das Gefühl zu geben, dass man an einem für beide Seiten guten Deal interessiert ist und dass man ihn nicht übervorteilt.

Ich empfehle daher zu Beginn wirklich sehr sanft und ohne Anwälte an das Thema heranzugehen, um den Mieter nicht zu verschrecken.

Ziel der ersten Gesprächsphase ist es das Bild von den Mieterzielen zu vervollständigen bzw. zu konkretisieren. Diese Phase kann sich mitunter auch über mehrere Gespräche ziehen, was tendenziell ein gutes Zeichen ist. Nach meiner Erfahrung werden 2 bis max. 3 Gespräche über je 1-1,5 Std. vom Mieter als „angenehm“ empfunden. Nach einem Gespräch ist ein Angebot riskant, da man meist noch nicht genug weiß.

Sobald man die Ziele des Mieters kennt, kann man an die Bepreisung gehen. Auch hier ist Kreativität gefragt und manchmal kann man hier auch Dritte miteinbeziehen. Klassisches Beispiel ist die Umsiedelung in die Immobilie eines Dritten unter Zuzahlung eines Differenzbetrages.

Der letzte Schritt im Gespräch ist die Angebotsunterbreitung. Hier sollte man nicht knausrig sein und mindestens 2-3 vorgefertigte Angebote zur Auswahl haben. Nach meiner Erfahrung erwarten sich Mieter, dass man hier im ersten Gespräch zumindest schon weitgehend ihren Geschmack trifft und das Angebot allenfalls in einem Folgetermin noch konkretisiert. Benötigt man hier zu viele Gespräche wirkt dies so, also ob man den Mieter unbedingt „raushaben“ möchte.

An dieser Stelle kommt das juristische back up ins Spiel. Nicht immer ist mit Mietern eine wirtschaftlich vertretbare Lösung erzielbar. In einem solchen Fall helfen manche erworbene Fakten wie z.B. welche Eintrittsrechte tatsächlich bestehen mitunter sehr.

Zu welchem Zeitpunkt man welche Fakten verwendet (erst bei Gericht oder schon im Zuge der Konkretisierung des Angebots) ist eine taktische Frage, die von Fall zu Fall zu entscheiden ist.