Implementierungsmethoden und erste Schritte

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    Wir haben das Thema Digitalisierung bereits in mehreren Beiträgen gestreift. Doch wie setzt man dies als Unternehmen entsprechend um, wenn doch alle Mitarbeiter der IT bereits mit dem laufenden Support voll ausgelastet sind und auch die Mitarbeiter in anderen Abteilungen keine Zeit für Projekte haben?

    1. Starten Sie bei der digitalen Transformation mit der Infrastruktur und bringen Sie diese in die Cloud

    Oftmals höre ich an dieser Stelle Argumente wie „das ist zu unsicher“ oder „das ist zu teuer“ oder letztens sagte mir ein Bekannter „aber Du hast doch sicher gelesen, dass ein Rechenzentrum eines Cloudbetreibers abgebrannt ist und die Daten von hunderten Unternehmen verloren gingen“.

    Bei genauerer Analyse stellt sich zumeist heraus, dass diese Argumente einer genaueren Überprüfung nicht standhalten.

    Beginnen wir mit dem letzten Punkt, der sich ein bisschen mit Flugangst vergleichen lässt. Natürlich ist es korrekt, dass hin und wieder Feuer ausbricht und Produktionsanlagen und somit auch Server vernichtet werden. Wenn dies alle paar Jahre mal bei einem Cloudanbieter passiert, sind die Medien voll davon. Passiert dies bei einem Unternehmen, dass die Daten im Haus hat liest man dies bestenfalls kleingedruckt im Lokalteil. Fliegen ist und bleibt sicherer als Autofahren, dasselbe gilt für die Auslagerung von Daten. Seriöse Cloudanbieter spiegeln die Daten übrigens an zwei geografisch unterschiedlichen Standorten, ein Luxus, den es beim Thema Flugsicherheit leider nicht gibt.

    Ähnliches gilt für das Thema Datenweitergabe. Natürlich ist niemals auszuschließen, dass ein korrupter Mitarbeiter bei einem Cloudanbieter Daten an die Konkurrenz verkauft oder auch, dass ein Hacker einen Cloudanbieter knackt. Allerdings leben Cloudanbieter von der Sicherheit der Daten, sodass sie viel in Sicherheit und auch in Backgroundchecks ihres Personals investieren. Hacker gehen immer den Weg des geringsten Widerstandes und eine nicht auf IT fokussierte Bau- oder Immobilienfirma ist immer ein leichteres Opfer als ein spezialisierter Cloudanbieter.

    Hinsichtlich des Preises ist es korrekt, dass sich Softwarekäufe gegenüber Cloudlösungen scheinbar schon nach wenigen Jahren amortisieren. Allerdings werden hier die laufenden Wartungs- und Supportkosten sowie die Flexibilität nicht eingepreist. Eine detaillierte Analyse unter welchen Umständen sich die die Amortisationsdauern wie verschieben würde an dieser Stelle zu weit führen, doch sollten sich Baufirmen wie Immobilienentwickler zwei einfache Fragen stellen:

    Erstens; möchte ich wirklich eine IT-Firma in meiner Firma haben nur um hier möglicherweise ein paar Prozent zu verdienen? (falls ja überlegen Sie sich, ob Sie auch wirklich die richtigen Leute hierfür haben), und

    Zweitens; gerade als Baufirma lebt man aus Finanzsicht nicht von der hohen Marge, sondern (idealerweise) von der Tatsache, dass man diese mit nur sehr geringem Kapitaleinsatz verdient (siehe hierzu auch mein Blog zum optimalen EK Anteil einer Baufirma). Möchte ich also wirklich Kapital in Softwareinvestments binden?

    Mein ehrlicher Rat; fokussieren Sie auf Ihr Kerngeschäft und überlassen Sie Nebenschauplätzen Spezialisten.

    Dies bedeutet keinesfalls, dass Baufirmen oder Immobilienentwickler keine Inhouse IT Ressourcen haben sollten, im Gegenteil. Doch sie sollten Mehrwert für das Business schaffen und die dringend notwendige Digitalisierung vorantreiben, nicht updates einspielen.

    Geben Sie ihrer IT die Rolle, die eine IT im Jahr 2021 haben sollte, nämlich als Wettbewerbsfaktor, nicht als die Nerds aus den frühen 90er Jahren.

    Ich vermeide in meinen Blogbeiträgen üblicherweise konkrete Produktwerbung doch sind Microsoft 365 mit Sharepoint und Teams wirklich gut gelungen, gerade was das wichtige Thema Kollaboration betrifft und ohne Word und Excel kommt ohnehin kein Unternehmen aus. Nutzen Sie diese Errungenschaften und bringen Sie bei dieser Gelegenheit auch die restlichen Server, ihre Telefonanlage und ähnliche Standardausstattung in die Cloud.

    1. Sobald Sie ihre Infrastruktur in der Cloud haben und ihre IT-Mitarbeiter Zeit haben, wenden Sie sich den Applikationen zu (ok, möglicherweise müssen Sie an dieser Stelle einige Änderungen beim Personal vornehmen).

    In der Applikationsentwicklung entstand in den vergangenen Jahren ein starker Trend zu agilen Entwicklungsmethoden. Geschuldet war und ist dies den Ärgernissen und Kostenüberschreitungen, die nach der Wasserfallmethodik abgearbeitete Projekte oftmals mit sich brachten. So ärgerlich die oftmals lästigen Rückfragen der ITler im Zuge einer Lasthefterstellung sind und so unangenehm auch Projektkostenüberschreitungen sind, so fatal wäre es den Verkäufern agiler Methoden alles zu glauben.

    Natürlich klingt es wie Musik in den Ohren eines überbelasteten Managers, wenn ihm der Berater suggeriert, dass „ein Mann von seinem Format doch alles im Kopf hat und er doch keine Lastenhefte schreiben muss. Er erzählt einfach in entspannter Atmosphäre dem Programmierer was er braucht und dieser setzt dies dann um“.

    Ganz ehrlich, wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch nicht wahr.

    Dies bedeutet nicht, dass agile Methoden nicht absolut ihre Berechtigung haben, doch als zertifizierter scrum product owner, der in seiner Vergangenheit aber auch schon klassische Lastenhefte geschrieben hat erlaube ich mir das Thema differenziert zu sehen.

    Doch starten wir zunächst mit zwei Empfehlungen losgelöst von der Diskussion Wasserfall vs. agiles Projektmanagement.

    Erstens empfehle ich jedenfalls den oftmals als agile Methodik per se verkauften Templateansatz, bei dem man von einem bereits fertigen Standardprodukt ausgeht und dann nur jene Punkte anpasst, die anzupassen sind. Bei Licht betrachtet entscheidet sich der Kampf um die Produktivität nur in wenigen Prozessen. Ich bin überzeugt, dass 2 Baufirmen oder auch 2 Immobilienentwickler 97% ihrer Prozesse gleich haben können, der eine ist hochprofitabel, der andere kämpft gegen den Konkurs.

    Standardsoftware macht absolut Sinn, doch wäre es durchaus denkbar ein „Differenzlastenheft“ zu schreiben.

    Zweitens empfehle ich bei der Einführung einer neuen Software darauf zu achten, dass der Anbieter die Kunst des automatisierten Testens beherrscht. Nach jeder Änderung das ganze System manuell durchzutesten gehört einfach nicht ins 21. Jahrhundert.

    Welcher Ansatz ist aber nun besser geeignet, um die Anforderungen in Bau- und Immobilienwirtschaft umzusetzen?

    Eine allgemeingültige Antwort ist schwierig, doch lassen sich einige Tendenzaussagen treffen.

      • Agile Methoden haben Vorteile, wenn das look and feel einer Anwendung im Vordergrund steht (Frontendentwicklung)
      • Agile Methoden haben Vorteile, wenn die Anforderung zu Beginn noch ein moving target ist
      • Agile Methoden haben Vorteile, wenn die Durchlaufgeschwindigkeit des Projektes im Vordergrund steht
      • Das Verfassen von Lastenheften ist vorteilhaft, wenn viel Rechenwerk oder viele gesetzliche Vorgaben in der Software abgebildet werden müssen
      • Das Verfassen von Lastenheften ist vorteilhaft, wenn IT Ressourcen das knappe Gut im Unternehmen sind

    Mein Rat für eine konkrete Entscheidung: Lassen Sie den Projektplan inkl. Ressourcenplanung nach Rollen vor einem großen Projekt zweimal (agil und als Wasserfall) aufsetzen, fragen Sie Ihren Berater ganz konkret welcher Aufwand für welche Rolle in welchem Setting wegfällt/hinzukommt und diskutieren Sie beide Szenarien im Beisein des Beraters und ihren eigenen IT-lern.

    Wenn der Berater auf obige Fragen keine plausiblen Antworten hat, ist er der Falsche und will Ihnen nur etwas verkaufen. Und wenn Ihre IT beim Ansatz mitbestimmen darf, ist sie motiviert und wird das Projekt bestmöglich umsetzen.